Ich habe Kriegsbemalung angelegt. Meine verbrannte Haut spannt unter dem Make-up. Fremde Smokey Eyes begegnen mir im Spiegel. Kaum aufgemalt verschwimmen sie im Schweiß. Die Klimaanlage rumpelt den sterbenden Schwan. Mein Haar folgt der Abwärtsbewegung und klebt sich an Kopf und Nacken. Ich bin noch nicht mal fertig und habe schon keine Lust mehr, auszugehen.
Ich schlüpfe in die hochhackigen Riemchensandalen und spüre die Blasen bereits, bevor sie sich bilden. Meine Oberschenkel kleben unter dem Minirock zusammen. Ich betrachte mich im großen Flurspiegel und verleihe mir das Prädikat „besonders lächerlich“. Weil mir die Energie fehlt, um mich nochmal umzuziehen, gehe ich trotzdem los.
Die Nacht hat den Strand verändert. Das Geschrei ist der wummernden Musik aus Clubs und Bars gewichen. Der Geruch von Sonnencreme ist verflogen und macht Platz für den Geruch von Kotze und Gras-Rauch. Der Seewind hat seine kühlende Funktion wiederentdeckt. Das Flimmern ist einfach umgezogen: vom Horizont in die Lichter der Stadt. Die es fortleben lassen in meinem Kopf.
Ziellos stolpere ich auf meinen absurd hohen Absätzen die Promenade entlang. Wofür genau habe ich mich so aufgetakelt? Ich kann es mir beim besten Willen nicht erklären. Als ich mich endlich irgendwo auf einen Barhocker fallen lasse, sind die Blasen an den Füßen keine bloße Vorahnung mehr. Am liebsten möchte ich direkt ins Bett. Ich reibe abwesend mein linkes Auge, bis mir einfällt, dass es stark geschminkt ist. Ich möchte lieber gar nicht wissen, was von meinem Make-up noch übrig ist.
Ich trinke ein Bier aus der Flasche. Die Hoffnung, irgendwie elegant oder sexy zu wirken, habe ich schon lange aufgegeben. Das Bier und die Müdigkeit lassen das hektische Flimmern in meinem Kopf zu einem dumpfen Brummen werden. Ich kann nicht sagen, ob das eine Verbesserung ist.
Zu dem Brummen gesellt sich eine Männerstimme. Redet der mit mir? Was treibt ihn in meine Nähe? Ist es sein Rausch oder mein bezaubernder Anblick? Ich verstecke mein Kichern im Flaschenhals und wische feuchtklebrigen Schmier von meinem unteren Augenlid. Ich zimmere ein Lächeln in mein Gesicht und fingiere Aufmerksamkeit, während er schwadroniert. Er ist ganz ansehnlich. Ein leichter Schweißfilm lässt seine nicht allzu übertrieben ausgebildeten Muskeln glänzen. Ich lege den Kopf schief und drücke die Brust raus. Ich bin so basic.
Ich laufe die Promenade entlang, meine Sandalen in der Hand. Er läuft die Promenade entlang, meinen Hintern in der Hand. Wir teilen ein Bier und knutschen unter einer flackernden Straßenlaterne. Das Flimmern in meinem Kopf ist eine ferne Erinnerung.
Er nimmt mich in den Arm und drückt seine Erektion an meinen Arsch. Ich greife zu. Auf die Einsamkeit.
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