Mittwochsmalaise

(zum Dienstagsdödel)

Da liegt ein Mann in meinem Bett. Er schnarcht und riecht nach Schweiß, Alkohol und Sex. Was mache ich jetzt mit ihm? Wie werde ich ihn los in zehn Minuten? Ich denke kurz darüber nach, ihn in einem Teppich gewickelt in den Fahrstuhl zu ziehen und ihn anschließend im Meer zu entsorgen, aber vielleicht wäre es einfacher, ihn einfach zu wecken. Aber dann müsste ich vielleicht mit ihm reden und ich will nicht mit ihm reden. Ich könnte einfach zum Frühstück gehen. Vielleicht verschwindet er von selbst, während ich weg bin. Aber eigentlich will ich ihn auch nicht allein in meinem Hotelzimmer zurücklassen.

Während ich unschlüssig den Geruch nach Mann von mir dusche, gesellt er sich zu mir, zieht mich an sich und drückt seine Erektion an meinen Arsch. Ich lasse ihn gewähren, weil ich nicht weiß, was ich sagen soll. Und weil er seine Finger sehr befriedigend einsetzt.

Der Tag ist bewölkt und der Seewind deutlich abgekühlt. Das Flimmern ist zwei Oktaven tiefer gerutscht. Dunst hat sich zum Stelldichein von Flimmern und Wellen dazugesellt. Ich sitze auf der Promenadenmauer und starre über den menschenleeren Strand aufs Meer. Ich spüre seine Berührungen am ganzen Körper. Ich spüre den Druck seiner Erektion an meinem Arsch. Und in mir. Ich spüre Leere.

Ich spüre Schmerzen im Unterleib. Ich kann nicht mehr sitzen, aber stehen kann ich auch nicht. Ich starre aufs Meer. Es hat sturmfrei und tobt sich aus. Rauschen und Flimmern. Eine sinnliche Hypnose. Flimmern und Schwindel. Ich öffne die Faust und sehe auf den zusammengeknüllten Zettel in ihr. Den Zettel mit seiner Nummer. Kunstvolle Knitter bilden eine perfekt wirkende Kugel, obwohl sie gar nicht rund ist. Der Anblick fesselt mich, das Flimmern und den Schwindel. Ich wollte den Zettel schon längst weggeworfen haben. Suchend schaue ich mich nach einem Mülleimer um, aber es ist keiner in Sicht. Also schiebe ich ihn in die Tasche meiner Hotpants. Die ich schließlich mit dem Rest meiner Klamotten in den feuchten Sand fallen lasse.

Nackt steige ich ins Meer. Es tobt ungerührt weiter. Das Flimmern in meinem Kopf vereint sich mit dem Flimmern über den Wellen. Die Wellen greifen nach meinem Körper. Umarmen mich. Lecken an all den Stellen, an denen er mich berührt hat. Schließlich umschließen sie mich ganz, zerren an meinen Haaren wie der Seewind, spielen mit mir. Flimmern und Wellen sind eins. Ich bin ein Fremdkörper in ihrer Vereinigung. Ich lasse mich treiben, bis sie mich ausspucken. Oder mich verschlingen.

(zum Donnerstagsdrama)


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2 Antworten auf „Mittwochsmalaise

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